Redewendungen

Redewendungen

16. September 2014 Allgemein 0

Man kennt sie, oder man kennt sie nicht – die Übersetzung von Redewendungen

Sprache ist angefüllt mit Redewendungen. Kaum einer merkt noch, wie häufig er „einen dicken Hals“ oder „die Nase voll“ hat, wie regelmäßig er „auf dem Schlauch steht“ oder nach einer durchzechten Nacht vielleicht sogar „Schlagseite hat“. Viele unserer Redewendungen gehen bis ins 17. Jahrhundert zurück, andere noch weiter, nahezu alle sind erklärbar und können sprachgeschichtlich analysiert werden.

Besonders in der Bibel lassen sich viele Stellen finden, welche die Herkunft einiger uns gebräuchlicher Redewendungen erklären. Ob wir nun eine Hiobsbotschaft erhalten oder den Eindruck haben, jemand würde uns einen Storch braten – im Alten Testament sind die entsprechenden Texte zur Herkunftserläuterung zu finden. Und wenn Übersetzer mal wieder ein großes Tohuwabohu auf ihrem Schreibtisch vorfinden, dann können wir das 1. Buch Mose, Kapitel 1, aufschlagen, wo es heißt: „Und die Erde war wüst und leer“. Mit „wüst und leer“ übersetzte Luther das hebräische tohu wa-bohu. Die zunächst nur in der Gelehrtensprache übliche Verwendung des hebräischen Ausdrucks gelangte mit der Zeit auch in die Umgangssprache. Dieser Vorgang vollzog sich wohl vor allem deswegen, weil das zutiefst undurchsichtige Wort Tohuwabohu scheinbar gut zu der Bedeutung „chaotisches Durcheinander“ passt. Auch die Seefahrt und die Piraterie sind oftmals federführend für das eine oder andere Sprichwort gewesen – insbesondere aus dem Bereich der durch den Konsum alkoholischer Getränke erreichten Zustände.
Mittlerweile gibt es für eine Vielzahl von Sprachen Auflistungen zur korrekten Übersetzung von Redewendungen. Denn hier helfen wörtliche Übersetzungen nicht weiter. Der Übersetzer muss schlichtweg wissen, welche Redensart in der Zielsprache der Quelltext-Redensart zuzuordnen ist. Und auch hier ist es ratsam, die fertiggestellte Übersetzung nochmals auf Herz und Nieren zu überprüfen (Psalm 7, 10: „Lass der Gottlosen Bosheit ein Ende nehmen, aber die Gerechten lass bestehen; denn du, gerechter Gott, prüfest Herzen und Nieren“). Denn einige Sprichwörter und Redewendungen haben das Zeitliche bereits gesegnet.

Christine Wolter
staatl. gepr. Übersetzerin
Korrektorat & Texte