Blogs
[:de]Entwicklung einer Kommunikationsplattform
Vor einigen Tagen hat man mich bei einer Veranstaltung als Bloggerin vorgestellt. Das passiert manchmal. Ich selber beantworte die Frage nach meinem Beruf immer mit Übersetzerin und Texterin. Aber gut, Bloggerin klingt hip und entspricht ja auch durchaus meiner beruflichen Realität. Nachdem ich also als Bloggerin vorgestellt wurde, nahm ich mir erst mal einen O-Saft und tat so, als würden mich die Bilder an den Wänden interessieren. So hatte ich einen Moment für mich und konnte über den Begriff „blog“ nachdenken, der ja durchaus zu einem festen Bestandteil in meinem Wortschatz geworden ist. Meistens im Zusammenhang mit „Ich muss noch …“, denn irgendwie wartet immer mindestens ein Blog darauf, geschrieben zu werden. Und da fangen meine Überlegungen schon an: Was einstmals ein Online-Tagebuch war, ein Eintrag im Internet in Form eines (Web-)Logbuches, wird mehr und mehr zu fachlich spezialisierten und gut recherchierten Artikeln, die – losgelöst vom schreibenden Ich – Informationen an den Leser bringen. Dies passiert, wenn Blogger nicht für den eigenen Blog sondern für Auftraggeber schreiben, die in der Regel Themenvorgaben machen. Ist das dann noch ein Blog? Strenggenommen handelt es sich um einen Artikel, der aufgrund fehlender Verlinkung und Vernetzung keinen oder nur einen sehr geringen Zugang in die sogenannte Blogosphäre erhält und damit eines der wichtigsten Blog-Merkmale – die Interaktivität aller Beteiligten – ausschließt. Auch der ursprüngliche Stil des Blogs mit kurzen, klaren Sätzen und wenigen Verschnörkelungen weicht zunehmend redaktionell anmutenden Schreibstilen, die auf verschachtelte Satzkonstruktionen und bezugnehmende Konjunktionen Wert legen. Und es wären noch viele weitere Blog-ferne Faktoren zu nennen, die den ursprünglichen Blog zu einem Artikel werden lassen. Wobei dies völlig wertfrei zu verstehen ist. Entwicklung gibt es ja überall. Nur eines finde ich schade: Die oftmals fehlende persönliche Note. Der Einblick in die Gedankenwelt des Bloggers, vielleicht sogar in seinen schreibenden Alltag. Ich selbst zum Beispiel interessiere mich überhaupt nicht für die internationale Modewelt, lese aber mit Vergnügen den Modeblog einer Frau, die sich auf eine ganz spezielle Art selbst auf die Schippe nehmen kann und eine eigene Sicht auf Mode hat. Mode-Interessierte erfahren, was in und out ist, was man wo trägt und was schnellstens zur Altkleidersammlung gebracht werden sollte. Auch, wenn es mich nicht interessiert: Das Lesen dieses Blogs macht einfach Spaß. Also, liebe Blogger und Bloggerinnen, habt Mut zur reduzierten Recherche und sensiblen Personalityshow!
Christine Wolter | staatl. geprüfte Übersetzerin und Dolmetscherin | Korrektorat & Texte[:]