Ungelesenes
Das Lesen und Beantworten von Nachrichten
Anfragen, die z.B. in Gruppenchats gestartet werden, stoßen immer seltener auf Reaktionen. Ein weit verbreitetes Phänomen, das uns häufig zur Verzweiflung bringt. Dabei stellt sich die Frage, ob das ausbleibende Feedback inhaltlich zu begründen ist oder ob es schlichtweg daran liegt, dass niemand mehr liest, was geschrieben wird.
Der erste Fall – also die inhaltliche Begründung – könnte eintreten, wenn Helfer:innen für ein Event gesucht werden. Möchte der oder die Angeschriebene nicht helfen, bleibt er oder sie lieber stumm. Auch bei Fragen, die uns nötigen, uns langfristig festzulegen, werden ungern beantwortet.
Der zweite Fall – die Tatsache, dass Nachrichten nicht mehr gelesen, bestenfalls überflogen werden – beschäftigt Texter:innen, Marketingmenschen und auch Privatleute und er betrifft sämtliche Textformate – von Geburtstagseinladungen über Info-Schreiben bis hin zu Newslettern und E-Mails, die mehr als zwei Zeilen aufweisen. Denn die Reaktionen sind mau, wie verlockend die Anfrage auch klingen mag.
Dass sich gesellschaftlich viel verändert, brauche ich an dieser Stelle nicht zu erwähnen. Die Menschen kreisen immer mehr um sich selbst, Vereinzelung ist zu beobachten, der Sinn für Gemeinschaft und Miteinander muss sich immer häufiger durch Lebenswege kämpfen und findet kaum noch Gehör. Und so können Nachrichten in Gruppenchats schon mal ins Leere laufen.
Neben gesellschaftlichen sollten auch sprachliche Faktoren betrachtet werden. Benötigen wir möglicherweise eine Anpassung der Sprache? Müssen wir sprachlich so hipp sein, dass wir manipulativ an unsere private Zielgruppe herangehen, um diese zum Handeln zu motivieren? Benötigen wir auch bei der Anfertigung von Geburtstagseinladungen oder Fragen zur Mannschaftsaufstellung Werbesprache und einen „Call-to-action-Button“? Ja-, Nein-, Vielleicht-Buttons zum Anklicken, wodurch die Ausformulierung eines Antwort-Satzes obsolet wird – ein Träumchen.
WhatsApp spielt uns mit der Möglichkeit, auf eine Nachricht direkt mit einem Emoji oder Icon zu reagieren, ja bereits wunderbar in die Karten.
Wir alle wissen, dass der allgemeine Trend bereits seit Jahren zu „weniger Text, mehr Bild“ geht. Dass dies eine sehr traurige Feststellung ist, ist den Wenigsten unter uns klar. Drastisch formuliert, wird uns damit „Zu dumm zum Lesen“ attestiert. Oder nur zu faul?
Fakt ist, wir kommen nicht mehr klar. Textflut, Informationsflut, Social Media-Flut. Überforderte Gehirne, Aufmerksamkeitsspannen, die langsam wegschmelzen. Alles nicht so schön.
Viel netter ist es im Gruppenchat. Lest ihn, antwortet und ihr werdet Wunderbares erleben – lachen, tanzen, singen, feiern. Versprochen!