Sensibler Sprachgebrauch
Hamburg ist nicht in Worte zu fassen
Über was soll ich als Hamburgerin schreiben?
Ich kann nur über die vergangenen Tage schreiben.
Die Auswirkungen des G20-Gipfels sind in unserer schönen Stadt immer noch deutlich spürbar. Auch, wenn sich die Situation allmählich beruhigt – in der Presse und den sozialen Medien wird über kaum etwas anderes geschrieben.
Es wird diskutiert, gestritten, erörtert und, wie leider immer bei brisanten Themen, verlieren die Diskussionsteilnehmer häufig den Respekt vor verbalen Stop-Schildern, den „No-Gos“ der Mediensprache.
Natürlich ist es wichtig, seine Meinung an jeder Stelle in Freiheit kundzutun, doch gehen nur wenige in ihren Kommentaren mit der erforderlichen Sensibilität an ihre Texte.
Die Situation rund um die friedlichen Demonstranten, gewalttätige Protestler und Chaoten, um Politiker, Bürgermeister und Polizisten ist in ihrer Gesamtheit kaum zu verstehen.
Trotzdem meint fast jeder, der sich gerade eine Nachrichtensendung angesehen hat, etwas dazu schreiben zu müssen.
Das geht ruck-zuck, klick-klack, posten und fertig.
Unkippbar steht es nun im Netz, bereit, zerpflückt, verdreht, interpretiert und erneut aufs Schärfste kommentiert zu werden.
In solchen Momenten will ich das alles nicht.
Ja, gut, oft finde ich es ja toll, dieses Netz.
Mich beeindrucken all diese Möglichkeiten, Informationen, Meinungen, Schönes und Schreckliches zu verbreiten, zu teilen, zu kommentieren.
Aber wenn Menschen diese Plattformen nutzen, um unreflektiert und vorschnell Dinge zu verunglimpfen, deren komplexe Hintergründe letztendlich unbekannt sind, will ich das Netz und seine Möglichkeiten nicht.
Und ich höre jetzt auf, mir all diese Kommentare durchzulesen.
Der Tag kann dadurch nur schöner werden.
Besonnenheit fällt mir ein. Respekt. Gespräche auf Augenhöhe. Vernunft. Gemeinsinn. Solidarität. Soziales Denken – und noch viel mehr.
Alles gerade im www nicht zu finden.
Werden wir schon, wie die eigentlichen Protagonisten des Gipfels? Das wäre fatal. Vielleicht sogar das Ende jeglicher Hoffnung auf rettende Besserung im weltpolitischen Dilemma.
Denkt nach, bevor ihr schreibt, informiert euch, redet miteinander, tauscht euch aus und macht alles, damit aus den nachfolgenden Generationen nicht ein einziger Vermummter erwächst.
Hamburg und die Welt brauchen eine neue Sprache.